Kategorie:  Alle    Technik und Umwelt     Technik in der Luft     Otto Lilienthal     Fliegen wie ein Vogel   

Fliegen wie ein Vogel - Teil 4

Fesseldrachen und Flugdrachen

Autor: Dr. Bernd Lukasch - Otto-Lilienthal-Museum 

Abb Wenn der Schriftsteller und Flieger Saint de Exupéry die Entwicklung als den Weg vom Primitiven über das Komplizierte zum Einfachen beschreibt, so waren das Primitive sicher die künstlichen Vögel Lilienthals und das Komplizierte ist unser heutiges Flugzeug.

Das „Einfache" hat Exupéry nicht mehr miterlebt: die Entwicklungen des NASA-Ingenieurs Francis Melvin Rogallo.

Sie wurden zwar nicht, wie ursprünglich vorgesehen, für die Weltraumfahrt genutzt, dafür haben sie als die Flugidee, die dem freien Flug der Vögel am nächsten kommt, seit den 70-er Jahren eines Siegeszug um die Welt angetreten.

Von besonderem Interesse sind für uns die Flexfoil und der Urtyp des Rogallo-Flügels, als die Minimalform eines manntragenden Fluggerätes.



Abb Interessant sind sie für uns in zweifacher Hinsicht:


Erstens gestatten sie den freien Menschenflug mit einem kaum zu unterbietenden Material- und Technologieaufwand: Etwa 10 Quadratmeter Gewebe oder Folie aufgespannt durch 4 Streben (Rogallo) oder durch einige Leinen (Flexfoil).

Zweitens ist ihr Ursprung in dem bereits vor Jahrtausenden bekannten Flächendrachen (Fesseldrachen) asiatischen Ursprungs zu sehen und die Entwicklung, obwohl innerhalb eines NASA-Programms mit dem entsprechenden wissenschaftlichen Hintergrund weiterentwickelt, vom zweifelsfrei erforderlichen technischen Entwicklungsstand her fast zeitlos zu nennen.

Es ist keine quasi unüberwindbare zeitliche Schwelle anzugeben, jenseits der diese Erfindung unmöglich genannt werden müsste.

Beide modernen Fluggerätetypen, der Gleitschirm und der Hängegleiter gehen auf Entwicklungen Rogallos (geb. 1912) zurück.

Er hatte die einfachen Tragflächen bereits nach dem Kriege entwickelt und 1951 patentiert.

Einziger Nutzer war eine Spielzeugfabrik, die nach dem Patent flexible Kinderdrachen produzierte.



 

Abb 1960 wurde Wernher von Braun auf Rogallos Arbeiten im Langley-Research Center in Hampton, Virginia aufmerksam und machte ihn zum Leiter eines Forschungsprogramms.

Im Auftrage der Raumfahrt wurden sich in der Luft entfaltende Drachen entwickelt, die mit tonnenschweren Lasten erprobt wurden.

Das Militär interessierte sich für den „Rogallo-Flügel" als Lastensegler und motorisierter Hängegleiter.

Das Gemini-Programm setzte dann auf „Flexwings", Rogallos eigentlicher Idee der voll flexiblen Tragfläche. Verwendung fanden dann aber weiter traditionelle Rundkappen-Fallschirme.

Abb Im Verlaufe des Appollo-Programms wurden mit Entwicklung des Space-Shuttles alle Arbeiten an flexiblen Tragflächen eingestellt.

Rogallo ging Anfang der 70-er Jahre enttäuscht in den Ruhestand. Aber es sollte nur wenige Jahre dauern, bis die Idee ihren sportlichen Siegeszug um die Welt antrat.

Kalifornische Studenten und Wasserski-Sportler in Australien, die die nun nicht mehr geheimen Veröffentlichungen über flexible Tragflächen studiert hatten, nutzten die Idee, um sich hinter Motorbooten durch die Luft ziehen zu lassen, als bemannte Schleppdrachen.

Über dem Wasser konnte man auch halbwegs gefahrlos versuchen, das Seil zu kappen und den Drachen im freien Flug zu erproben. Der manntragende Hängegleiter war geboren.


Zunächst zaghaft, dann rasant entwickelte sich das neue Fluggerät: Auf Volksfesten als Sensation vorgestellt, führten spektakuläre Flüge zum Interesse der Medien und zur schnellen Verbreitung.

In Europa war es der Zugspitzflug des Amerikaners Mike Harker am 11. April 1973, der das Medieninteresse und die Drachenentwicklung auslöste.

Aus der quadratischen Segelfläche an Bambusstangen sind heute ausgereifte Fluggeräte der 4. Generation geworden.

Und wieder sind Flugzeuge im herkömmlichen Sinn daraus entstanden: Wieder hat man dem Hängegleiter Steuerorgane hinzugefügt, ihm einem Motor gegeben und über Zwischenstufen entstand das Ultraleichtflugzeug, das heute den Bereich des Motorsportflugs dominiert.

Ein zweites Mal war das Flugzeug entstanden, und ein zweites Mal auf den Spuren von Lilienthals Hängegleiter.

 

Quelle:
Mit freundlicher Genehmigung und Unterstützung von: Otto-Lilienthal-Museum
Autor: Dr. Bernd Lukasch
www.lilienthal-museum.de
Ellbogenstr. 1
D-17389 Anklam / Germany
Tel.: 03971-245500

Foto 1: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Parasev1in_landing.JPG
Bild:Parasev1in landing.JPG
http://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinfreiheit
Quelle: Photo Number: E-8009 http://www.dfrc.nasa.gov/Gallery/Photo/Paresev
Parasevlin1, Typ Rogallo

Foto 2: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Rogallo-pat-draw.JPG
Patentskizzen des "Flexible Kite" von Rogallo 23.11.1948 (US-Patent 20.03.1951)
Die skizzierten flexiblen Tragflächen bestehen nur aus Stoff und Schnüren ohne zusätzliche feste Aussteifungen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinfreiheit

Foto 3: www.lilienthal-museum.de

Foto 4: http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Gleitschirm_im_Flug.jpg
http://en.wikipedia.org/wiki/GNU_Free_Documentation_License

  Kategorie:  Alle    Technik und Umwelt     Technik in der Luft     Otto Lilienthal     Fliegen wie ein Vogel   



Lernwerkstatt 10 Der Deutsche Kindersoftwarepreis TOMMI 2012 geht an PUSHY!


www.medienwerkstatt.de
Diese Seiten werden kostenlos für Kinder
von der Medienwerkstatt Mühlacker produziert

Copyright © 2004-2024 Medienwerkstatt Mühlacker Verlagsges. mbH. Alle Rechte vorbehalten

Mitglied bei seitenstark.de

Wir sind Mitglied