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Die Bedeutung Atatürks für die Türkei

Atatürks Reformen beinhalten drei grundsätzliche Punkte, die er als Lehre aus dem Niedergang des Osmanischen Reiches und dem Scheitern seiner Modernisierung gezogen hatte.

Es hatte sich gezeigt, dass die europäische Zivilisation der des Osmanischen Reiches überlegen war. Um die Türkei aus Unterlegenheit und Abhängigkeit zu befreien, hielt Atatürk eine konsequente Verwestlichung von Staat und Gesellschaft für geboten.

Atatürk folgte damit einem Trend unter den Jungtürken, den einer ihrer Vertreter schon 1913 so beschrieben hatte: „Es gibt keine zweite Zivilisation; Zivilisation bedeutet europäische Zivilisation, und sie muss eingeführt werden - mit ihren Rosen und ihren Dornen.”

Er beendete die Diskussion um die Identität der Türken und die Grundlagen ihres Staates durch die Implementierung (Erstellung eines Entwurfs oder Konzeps) eines ausgeprägten Nationalismus.

Die Kultur der Türken wurde zur alleinigen Grundlage auf dem Gebiet des türkischen Staates erklärt. „Ne mutlu Türküm diyene” "Wie erhaben ist es zu sagen: Ich bin ein Türke", galt als zentrales Bekenntnis aller Türken zu ihrer Nation.

Noch wenige Jahre zuvor hatte eine sich als „osmanisch” fühlende Elite die „Türken” als unwissende Bauern und Hirten verachtet. Erst seit Ende des 19. Jahrhunderts hatten türkische Intellektuelle und Literaten begonnen, Stolz auf ihr Volkstum zu entwickeln - wie es Untertanen anderer Ethnien längst getan hatten.

Die Entdeckung der „türkischen Kultur” und die Reinigung der türkischen Sprache bildeten Kernelemente der Kulturpolitik des neuen türkischen Staates. Der radikale Anspruch des neuen Nationalismus zeigte sich unter anderem in der 1935 verkündeten Theorie der „Sonnensprache”.

Danach sollen alle Sprachen von einer einzigen in Zentralasien gesprochenen Ursprache abgeleitet sein. Ihr sei das Türkische am nächsten, und alle Sprachen hätten sich aus der Ursprache heraus durch das Türkische hindurch gebildet. Trotz ihrer wissenschaftlichen Fragwürdigkeit genoss die Theorie eine Zeitlang politische Unterstützung von allerhöchster Stelle.

Atatürk führte die konsequente Säkularisierung, also die Trennung zwischen Staat und Religion, ein. Der Islam trat als Identifikationsmerkmal in den Hintergrund.

Die Religion hatte den Modernisierungsprozess des Reiches blockiert. Die islamische Reichsidee hatte darüber hinaus das osmanische Staatswesen in immer neue militärische Auseinandersetzungen verwickelt.

Nun sollte Religion zur Privatangelegenheit des einzelnen werden. Der Abschaffung des Kalifats entsprach die Abschaffung des Islam als Staatsreligion in der Verfassung von 1928. 1937 wurde das Prinzip des Laizismus - der Trennung von Religion und Staat - in die Verfassung übernommen: „Der Türkische Staat ist republikanisch, nationalistisch, volksverbunden, laizistisch und revolutionär.”

Der „Kemalismus” ist weder eine Ideologie noch ein detailliertes Programm für die gesellschaftliche Umgestaltung, kann jedoch als erster Versuch eines „eigenen Entwicklungsweges” bezeichnet werden, der späteren Reformern und Revolutionären im Nahen und Mittleren Osten als Vorbild gedient hat.

Zu ihnen gehören Schah Reza Pahlawi (Persien), Präsident Habib Bourguiba (Tunesien), Präsident Gamal Abdel Nasser (Ägypten) und Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi (Libyen).

Nirgendwo sonst aber ist die Transformation so radikal erfolgt, hat sie so anhaltende Wirkung gezeigt und wurde sie so kompromisslos durchgesetzt wie in der Türkei.

Widerstand und Aufstände, vornehmlich unter den Kurden, wurden unterdrückt. Zwei Experimente mit einem Zwei-Parteien-System wurden rasch beendet (zuletzt 1930/31), als sie außer Kontrolle zu geraten schienen.

Das neben dem Charisma Atatürks wirksamste Instrument zur Durchsetzung der kemalistischen Reformen wurde die 1923 gegründete „Republikanische Volkspartei” (CHP). In ihr organisierte sich die neue Elite seiner Anhänger. Sie setzten sich zum Teil aus ehemaligen Militärs zusammen. Ein 1923 erlassenes Gesetz verlangte, dass diese den Dienst quittierten, bevor sie sich politisch betätigten. Andere große Gruppen stellten die städtische Schicht von Bürokraten sowie lokale Eliten in Anatolien.

Kemal Atatürk ist zu seiner Zeit von den meisten Türken tief verehrt worden.

Sein Todestag (10. November 1938) wurde bis 1987 als Tag der Staatstrauer und wird seit 1988 als Atatürk-Gedenktag begangen. Atatürks Denkmäler steht an fast allen öffentlichen Plätzen in Stadt und Land, sein Porträt bzw. sein Foto hängt in allen Amtsstuben, und es gibt kaum eine öffentliche Veranstaltung, auf der er nicht in der einen oder anderen Weise bildhaft vertreten ist.

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