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Dorfkinder - Koloniekinder

Abb Obwohl viele Bergleute fleißig, ehrlich und ordentlich lebten, wurden sie von den alteingesessenen Dattelner Bürgern immer nur als Fremde, als "Kolonisten", angesehen. Es gab Schimpfwörter wie „Zugelaufene, Pollacken, Fremde, Kolonisten".

So standen sich die Menschen aus dem Dorf und die Menschen aus der Kolonie teilweise sogar richtig feindlich gegenüber.

Ein alter Bergmann erzählte, wie es ihm in seiner Kindheit ergangen war:

„Wir Kinder aus der Kolonie gingen in die Dorfschule. Viele von uns kamen ohne Schuhe zur Schule. „Die aus dem Osten scheinen keine Schuhe zu kennen!“ lästerten die Dorfkinder und lachten uns aus. Dabei trugen die Dorfkinder auch keine Lederschuhe, sondern Holzklotschen.

Wir verstanden meist auch nicht die Sprache der Mitschüler. Sie nannten das „Platt küren“.

Na, das klang auch nicht besser als unsere ostpreußische oder schlesische Mundart. Manchmal lobte uns unser Lehrer. Er sagte: „Ihr kommt oft schneller hinter eine Rechenaufgabe und lernt Gedichte und Geschichten leichter auswendig als die Dorfkinder.“

Und dennoch - wir konnten uns noch so viel Mühe geben, wir gehörten einfach nicht zu den Dorfkindern. Wenn wir nachmittags aus unserer Kolonie ins Dorf gingen, wurden wir verprügelt. Warum? „Nur so!“ hieß es.

So rüsteten wir uns schon morgens, bevor wir zur Schule gingen, mit Kieselsteinen aus. Ich hatte den Kopf immer voller Narben gehabt."

 

Die Nachmittage am Mühlenbach 

Abb Ein anderer Bergmann erinnert sich:

„Ganz früher, im Jahre 1910, gab es noch kein Freibad oder eine Badeanstalt in Datteln. Aber es gab den Mühlenbach.

Wir „Koloniekinder“ hatten gehört, dass man an einer bestimmten Stelle, wo der dichte Busch stand, gut baden konnte. Der Mühlenbach, so muss ich euch erklären, bildete die Grenze zwischen dem Dorf und der Kolonie.

„Aber bewaffnet euch schon mal mit Steinen!“ rieten einige größere Jungen von uns. „Warum?“- „Na, Ihr werdet's schon sehen!“

Kaum hatten wir unser Handtuch abgelegt, da flogen auch schon Steine von der gegenüberliegenden Uferseite auf uns zu. „Pollacken, fremdes Gesindel, Kolonisten und andere Schimpfwörter“, hörten wir.

„Das ist unsere Badestelle, und das war schon immer so! Was wollt Ihr hier? Haut ab!“ riefen die Dorfjungen.

Abb Wir warfen natürlich unsere mitgebrachten „Geschosse“ zurück. So fanden im Sommer am Mühlenbach richtige Schlachten statt, aber auch Tränen und viele wunde Stellen gab es.

Jedoch reizte es uns immer von Neuem, dorthin zu gehen. Ja, und dann passierte etwas.

Schumachers Heinrich rutschte die Böschung hinunter in den Bach, und zwar so unglücklich, dass er mit eigener Kraft nicht wieder aus dem Wasser heraus konnte.

Die Jungen von der anderen Seite blieben feige und tatenlos stehen. Da riss sich unser Fritz das Hemd vom Leibe und lief in den Bach, um Heinrich aufzuheben. Der konnte gar nicht auf die Füße kommen.

„Nun steht nicht so dumm herum! Holt lieber einen Bollerwagen von eurem Hof, damit wir den Heinrich darauflegen können!“ rief Fritz. Die Dorfjungen gehorchten und holten brav einen Bollerwagen.

Alle zusammen, die Dorfjungen und wir Koloniekinder, zogen zum Dorfarzt, der einen Beinbruch bei Heinrich feststellte.

„Eigentlich sind die aus der Kolonie ganz gut zu gebrauchen. Mit denen kann man wohl auch was anfangen,“ hieß es bald bei den Dorfjungen.

 

Quelle: Kollegium der Gustav-Adolf-Schule in Zusammenarbeit mit dem Hermann-Grochtmann-Museum der Stadt Datteln

Literaturangaben...

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