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'GORCH FOCK': Die Werft

Die Blohm + Voss AG Hamburg

Abb Blohm + Voss wurde 1877 in den jungen Jahren des Deutschen Kaiserreiches gegründet, um ausschließlich eiserne und dann stählerne Schiffe zu bauen.

Es war somit die erste Werft dieser Art im westdeutschen Küstengebiet. Bekanntlich erlebte in dieser Zeit der aufkommenden Dampfschiffe die Tiefwasserfahrt mit großen Seglern aus Eisen und Stahl eine große Blüte.

Die Werft setzte durch die Entwicklung von Spezialschiffen hierfür, nämlich der wegen ihrer Größe und handlichen Takelage so wirtschaftlichen Viermastbarken, neue Maßstäbe, wie sie es in den späteren Jahren mit Fahrgastschiffen, Großen Kreuzern, Dampfyachten und in unseren Tagen Kühlschiffen und Containerschiffen fortsetzte.

Zeugen dieser großen Zeit der Blohm + Voss Rahsegler findet man heute in Travemünde und im South Street Museum in Manhattan, New York.

Der erfolgreiche Bau einer Reihe von Vollriggern aber, die ausschließlich Ausbildungszwecken dienen sollten und somit Segelschulschiffe hießen, gleichgültig ob für die Handelsschifffahrt oder für die Marine, führte dann für die Werft zum Auftrag des Baues der neuen "Gorch Fock".

Die Werft fing gerade an, sich von den schweren Schäden der Kriegshandlungen des Zweiten Weltkrieges, sowie der danach verfügten vollständigen Demontage seiner Anlagen und Sprengung seiner Helgengerüste zu erholen und - mit fünfjähriger Verspätung gegenüber den anderen westdeutschen Werften - wieder Schiffe zu bauen.

Ältere Mitarbeiter der Konstruktion und des Betriebes waren zurückgekehrt und begannen, ein Vierteljahrhundert nach dem Bau der ersten "Gorch Fock" mit Freude und Genugtuung ein neues Schiff dieser Art für die deutsche Flagge zu bauen.

Das tragische Unglück der "Pamir" und den folgenden Debatten innerhalb eines Bundestagsausschusses führten an dem entstehenden Neubau zu weiteren Sicherheitsmaßnahmen, welche u.a. durch ein zusätzliches Schott, erweiterte Rettungsmittel, ein zweites Radargerät und vor allem die ständige Anwesenheit eines Meteorologen an Bord gewährleistet werden sollten.

Ohnehin war für dieses, da es kein Kampfschiff ist, die Anwendung des Internationalen Vertrages zum Schutze des menschlichen Lebens auf See festgelegt.

Die Werft hatte durch den Bau von vier Fahrgastschiffen seit 1955 Erfahrungen gerade in der Anwendung dieses neuen Vertrages gewinnen können.

Der Germanische Lloyd, nach dessen Klasse GL+100 A4(E) mit Freibord das Schiff zu erbauen war, überwachte zusammen mit der Seeberufsgenossenschaft die Anwendung dieses für Fahrgastschiffe vorgesehenen Vertrages.

Neu gegenüber dem Vorbau "Albert Leo Schlageter" waren außerdem zusätzliche Notausgänge aus den Kadettenräumen, deren Öffnungen wegen des Manöverbetriebes an Deck als Glattdeckluken ausgeführt wurden, sowie der neuartige bauliche Brandschutz und nicht zuletzt die mit größerem Durchmesser versehenen Bullaugen, die darum als Notausstieg dienen können.

Abb Anders als vorher waren ebenfalls die von der Bundesmarine genormten Abmessungen für Spinde und für die Kadetten so wichtigen Backen und Banken, nunmehr aus Leichtmetall und morgens und abends besser zu handhaben als die hölzernen aus früherer Zeit.

Als die für die Mannschaftswaschräume in der Back vorgesehenen modernen Waschbecken aus rostfreiem Stahl bereits auf der Werft waren, entschied sich der Auftraggeber aus Gründen der Sauberhaltung, Ansehnlichkeit und des Wohlbefindens solche aus weißem Porzellan einbauen zu lassen. Da kein Kampfschiff, brauchte auch nicht die Splitterwirkung bei Beschuss berücksichtigt werden!

Die Bauaufsicht bestand aus dem künftigen Kommandanten, dem damaligen Fregattenkapitän Erhardt, und einigen Offizieren und Portepee-Unteroffizieren, die alle bereits auf den drei Vorgängern der Kriegsmarine gefahren hatten.

Ein Stabsbootsmann war aus der Pensionierung heraus dazugeholt worden! Aber auch die Werft hatte sich - bei aller Erfahrung - einen Praktiker für die Ausrüstung geholt: den Korvettenkapitän a.D. Kühn.

Dieser in seinem Wissen und seiner menschlichen Güte treffliche Mann war schon zu Lebzeiten Legende. Er hatte als Oberbootsmaat beim Untergang der "Niobe" 1932 durch seine barsche und energische Art manchem Schiffbrüchigen zum Durchhalten und Überleben verholfen.

Auf der ersten "Gorch Fock" und später der "Albert Leo Schlageter" als Oberbootsmann geliebt und gefürchtet, hatte er als Kapitänleutnant und Erster Offizier die abenteuerlichen Kaperfahrten des Hilfskreuzers "Atlantis" mitgemacht.

Auch unter Mitwirkung dieser Männer konnte die Werft das Schiff zum ersten Mal beim Stapellauf am 23 August 1958 einer kritischen Öffentlichkeit präsentieren.

Der damalige Inspekteur der Bundesmarine, Vizeadmiral Ruge, formulierte den Auftrag an das Schiff, der Schriftsteller Rudolf Kinau sprach Mariner, Werftleute und Hamburger an, bevor die Nichte des Paten die Taufe vollzog.

Zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg erklang wieder die Nationalhymne über das noch von Kriegsschäden zeugende Werftgelände. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern lief das Schiff nicht von den Elbhelgen, sondern im Werfthafen vom Stapel. Die Ablieferung und Indienststellung erfolgten planmäßig.

 

Abb Die erfolgreichen Törns und die Siege bei den Windjammer Operationen führten auch dazu, dass acht Jahre später eine fast vergessene Schwester an seine Geburtsstädte wiederkehrte: das Segelschulschiff "Mircea" der Rumänischen Marine.

Bei dieser Generalüberholung mit neuer Takelage, Segeln, Antriebsanlage und Ausrüstung diente dem rumänischen Auftraggeber immer das Vorbild "Gorch Fock" und die Werft konnte zur Endausrüstung auch den inzwischen im Ruhestand befindlichen ersten Kommandanten anheuern.

Das 100jährige Jubiläum 1977 sah "Gorch Fock" und "Sagres II" an der Werft. Am 25. November 1983 kehrte nun die "Gorch Fock" an ihren Bauplatz zurück.

Dann tauchten Bilder und Namen berühmt gewordener Tiefwassersegler auf, die einst auf den Helgen der Werft entstanden.

Durch die Übernahme der Werft H.C.-Stülcken & Sohn durch die Blohm + Voss AG beläuft sich die Zahl der hier insgesamt gebauten Segelschiffe auf achtundsechzig.

Die Erfahrung in Konstruktion und Bau reicht über ein Jahrhundert zurück. Auf allen sieben Weltmeeren unter den Flaggen kleiner und großer Seefahrernationen segelten oder segeln sie noch heute.

Wo immer ein Start zu den in heutiger Zeit mit Liebe gepflegten Transatlantischen Regatten erfolgt: Tiefwassersegler von Blohm + Voss sind dabei und können bei diesen segelsportlichen Ereignissen ersten Ranges Zeugnis davon ablegen, dass in den Konstruktionsbüros und auf den Schiffbauplätzen von Blohm + Voss noch heute das Wissen um den Bau von Segelschiffen lebendig ist und eine große Tradition fortgesetzt wird.

 

Quelle:
Diese Seite entstand mit freundlicher Unterstützung des
EUROPÄISCHES SEGEL-INFORMATIONSSYSTEMS
Peter O. Walter,
http://www.esys.org/gofo/

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