Minen lauern überallHügel gelten Kambodschanern als heilige Plätze. Tempel stehen auf der Höhe, Orte des Friedens. Der Krieg machte die Hügel zu strategisch wichtigen Stellen, für Chhorn Na wurde der Hügel nahe seines Dorfes zum Ort des Schreckens. Sechs Jahre alt war der Sohn eines Reisbauern, als er die Kühe seiner Familie, wie jeden Tag, zur Futtersuche trieb. Alles war ruhig, doch plötzlich gab es einen gewaltigen Knall und ein schrecklicher Schmerz durchfuhr den schmächtigen Körper. Chhorn Na war auf eine Mine getreten, eine von etwa vier bis sechs Millionen, die in Kambodscha von Soldaten verschiedener Kriegsparteien - Roten Khmer, Regierungstruppen, vietnamesischen Einheiten - vergraben wurden. Sie liegen an „strategisch wichtigen Stellen“. Um Hügel herum, auf Pfaden zu Wasserstellen, an Wegkreuzungen, unter Schatten spendenden Bäumen, überall, wo sich Menschen aufhalten könnten. Chhorn Na verlor gleich nach dem Knall das Bewusstsein. So musste er nicht sein zerfetztes Bein im Gras liegen sehen, nicht die blutigen Knochensplitter, die aus der Wunde ragten. |
Ein verkrüppeltes LebenEin Nachbar, der am Hügel Bambus schnitt, hörte die Explosion und trug ihn nach Hause. Die Mutter brachte ihr Kind ins Krankenhaus. Das linke Bein wurde knapp unter dem Knie amputiert. Auch Chhorn Nas Leben war verkrüppelt, so schien es jedenfalls damals. Hilfe war nicht erreichbar in seinem Dorf South Prey Krey in der Provinz Kampong Chhnang. Ein Onkel schnitt ihm einen Stecken zurecht - eine schlechte Krücke. „Ich bin auf den Knien zur Schule gekrochen“, erzählt Chhon Na. Gern wollte er wie die anderen lernen. Doch bis heute besucht der Zwölfjährige noch immer die erste Klasse der Grundschule. „Der Weg zur Schule war sehr weit, und ich musste ja auch wieder die Kühe hüten“, sagt er. Und wenn die Tiere wegliefen? „Dann musste ich mit einem Bein und dem Krückstock rennen. Das schmerzte furchtbar, vor allem der Beinstumpf tat schrecklich weh.“ Manchmal musste der Junge auch zu Hause auf die jüngeren seiner fünf Geschwister aufpassen. Denn seine Familie ist arm und braucht jede Unterstützung.
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Ein neues Bein für Chhorn Na35.000 Kambodschaner mussten bisher nach Minenunfällen amputiert werden, ungefähr 20 Prozent sind Kinder. Ihre kleinen Körper treffen die Explosionen meist besonders heftig. Nach Jahrzehnten blutigen Bürgerkriegs liegt Kambodscha noch immer am Boden, das Land schafft es allein nicht, die vielen Minenopfer zu versorgen. Chhorn Na musste sechs Jahre auf Knien leben, bis Nachbarn seiner Mutter von der Prothesen-Werkstatt der Kambodschanischen Hilfsorganisation Veterans International erzählten. „Meine Mutter ging mit mir dorthin, mir wurde ein künstliches Bein angemessen und gebaut. Bezahlen mussten wir nichts, niemals hätten wir das Geld dafür aufbringen können.“ UNICEF hilft über diese und andere Werkstätten, Mädchen und Jungen mit Rollstühlen, Prothesen oder Krücken auszustatten. Wenn Kinder und Begleiter die Anfahrt nicht selbst bezahlen können, werden auch diese Kosten von UNICEF übernommen. Doch Chhorn Na kam mit seiner neuen Prothese nicht sofort zurecht, der Beinstumpf war nach der eiligen Amputation am Tag des Unfalls nicht richtig verheilt. „Ich musste noch einmal ins Krankenhaus, der Stumpf wurde korrigiert.“ Nach fast zwei Monaten passte das neue Bein endlich. Der Fuß ist aus dunklem Gummi geformt und hat sogar Zehen. „Wenn ich nun eine lange Hose und Schuhe trage, sieht man fast nicht mehr, dass ich nur ein Bein habe“, sagt Chhorn Na, als er in der Werkstatt in den Spiegel schaut. |
Dort, im Übungsraum, an langen Geländern, hat er eine Woche lang unter Anleitung wieder gelernt, auf zwei Beinen zu gehen. Noch schmerzt ihn das Bewusstsein, nur ein „richtiges“ Bein zu haben. Doch Fotos an der Wand zeigen junge Männer mit Prothesen beim Volleyballspiel. Kambodschanische Behindertensportler. Sich so gut bewegen zu können, davon träumt Chhorn Na. Die Aussichten sind nicht schlecht - vorausgesetzt, die Werkstatt kann weiterhin zuverlässig arbeiten. Schließlich wächst der Zwölfjährige. Alle drei Monate muss die Prothese deshalb nachgestellt werden.Eine Spezialkonstruktion mit einer Art Teleskopschiene als „Knochen“ des künstlichen Beines lässt die Prothese für einige Zeit „mitwachsen“. Chhorn Na hat ein neues Bein und neue Freude am Leben gefunden. Aber viele andere Kinder warten noch immer auf Hilfe. Für 25 Euro kann UNICEF einem Kind ein paar stabile Krücken zur Verfügung stellen. Für 150 Euro erhält ein Kind eine Unterschenkelprothese.
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Quelle: Mit freundlicher Genehmigung und Unterstützung von: http://www.unicef.de |